Montag, 19. März 2012

Weblogs und Geschichte

Ich sehe die Sinnhaftigkeit von Weblogs ambivalent. Es gäbe dabei verschiedene Aspekte zu beachten, wie etwa die Motivation der Leserschaft. Ein Geschichteblog erreicht neben Laien auf der Suche nach Unterhaltung im besten Fall auch die Fachkollegen und dient somit nicht nur der Zerstreuung wie ein herkömmliches Nachrichtenmagazin, sondern möglicherweise auch der Kommunikation in professionellen Kreisen. Inwieweit letzteres fruchtbare Züge trägt und ob es tatsächlich zur Erzeugung wissenschaftlicher Erkenntnis beiträgt, müsste man anhand eines Vergleichs mit der bisherigen Praxis der wissenschaftlichen Publikation zu eruieren versuchen. Letztlich liegt der Unterschied zwischen beiden in der Legitimation der Publikation eines Forschungsergebnisses. Denn während einerseits am herkömmlichen, gedruckten Publikationsweg naturgemäß mehr Instanzen beteiligt sind und außerdem direkte Kosten – etwa beim Druck – anfallen, ist ein Weblog damit verglichen geradezu eine anarchistische Spielwiese – und wird vermutlich auch von vielen Kollegen noch eher so denn als seriöses wahrgenommen. Wie sich bei der Durchschau einiger deutscher Geschichteblogs gezeigt hat, ist der Enthusiasmus groß, doch die Blogs so mancher zuvor gerühmten Autoren gingen inzwischen auch schon wieder unter.
Ein Historiker kann durch gute Arbeit und originelle Inhalte auf seinem Weblog bestimmt viel Aufmerksamkeit erreichen, hat aber dafür zum Nachteil eine tendenziell fluktuierendere Leserschaft, welche ihn außerdem selten von der Stelle weg zitieren wird. Ich bin mir dessen sicher, dass Weblogs vereinzelt großes Potential entwickeln können – auch im historiographischen Themenfeld. Inwiefern die Inhalte aber zu einer Verbesserung wissenschaftlicher Arbeit beitragen, wird sich erst erweisen. Das hängt mit der nötigen Akzeptanz unter der Fachkollegenschaft genauso zusammen wie auch mit der vom Weblog-Autor erreichten individuellen Qualität der Darstellung von Geschichte.

Recherche an der Uni?

Bisher griff ich beim Verfassen von Arbeiten für meine Lehrveranstaltung zur Recherche stark auf das Internet zurück. Ich verwende oft Wikipedia, um zu einem Thema einen Anhaltspunkt in Form eines Namens herauszufinden, und somit mittels grober Vorrecherche die Basis für meine weitere Suche zu legen. Da es aber diesbezüglich verpönt und nicht ordentlich zitierfähig ist, habe ich Wikipedia noch nie zitiert. Jedenfalls suche ich dann einige Bücher via Online-Suche der Wiener Universitätsbibliothek und hole sie mir nach Hause, und versuche in den Bibliographien weiteres Material zu erspähen. Wenn ein interessantes oder thematisch zentrales Werk nicht verfügbar ist, versuchte ich auch schon mehrmals erfolgreich, es auf Google Books zu finden. Dort kann man bei einer unvollständigen Ausgabe mit viel Glück die richtigen Textausschnitte ansehen.

Philipp und Web 2.0

Meine Erfahrungen mit Web 2.0 Ressourcen beschränken sich auf ein paar Wochen Aktivität auf Studi-VZ vor einigen Jahren und einen Karteileichenaccount auf Myspace. Heute bin ich ein konsequenter Facebookverweigerer. Verweigerer, weil man sich inzwischen tatsächlich oft dafür rechtfertigen muss, warum man kein Profil in diesem Netzwerk pflegt. Für mein Boykott gibt es mehrere Gründe, die ich hier nicht ausführen möchte, da sie ohnehin nicht origineller Natur sind. Die Entwicklung des Internets begann ich schon vor seinem Aufstieg zu einem weiteren Massenmedium der westlichen Welt zu verfolgen. Große Anteile der Content-Generierung gingen durch das Aufkommen von Web 2.0 deutlich von professionellen Redakteuren bisheriger Webservices zu den Usern über. Um dessen Auswirkungen auf die Qualität der Inhalte bewerten zu können, müsste man allerdings eine qualitative Untersuchung anstellen. Das Internet und damit sein Informations- und Unterhaltungsangebot wächst jedenfalls, was den Anteil von Desinformation naturgemäß mitsteigen lässt. Die Konsumenten seiner Inhalte sind jedoch auch gewissermaßen besser vernetzt, womit sich der im weitesten Sinne interessante Anteil des Content nicht zuletzt mithilfe von Weblogs und anderer kuratierender Instanzen an der Oberfläche hält.

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